Rhodos Journal


Gleiche Wertschätzung für Männer und Frauen

Welche Bedeutung haben die Frauen in der orthodoxen Kirche? Der griechisch-orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis schreibt: "Ohne das Mitwirken der Frauen in der Kirche, unabhängig von Funktionen und konkreten Leistungen, wäre unsere Kirche viel ärmer, sie könnte gar nicht existieren. Es handelt sich hier nicht um ein bloßes Lippenbekenntnis, sondern um eine Realität, wofür wir den Frauen dankbar sein müssen."

Wer sich sonntags in einer orthodoxen Kirche umsieht, wird das sofort glauben: Wie in anderen christlichen Kirchen sind auch in der orthodoxen Kirche die meisten Gottesdienstbesucher weiblich. Werden sie auch entsprechend geschätzt?

Frauen und Männer "sind gleichwertige Glieder des Leibes Christi, Kinder Gottes und Erben seiner Verheißungen, berufen zur harmonischen Zusammenarbeit für den Bau und das Wachstum der Kirche - des Leibes Christi - , und für die Verwirklichung ihres Heilswirkens in der Welt", denn beide gehören durch die Taufe dem 'königlichen Priestertum' an". So lesen wir beim angesehenen griechisch-orthodoxen Dogmatiker Johannes Karmiris. Er bekräftigt, daß Frauen Theologie studieren, Religionsunterricht erteilen und auch als Professorinnen Theologie lehren dürfen,. Sie dürfen im Gottesdienst Lesungen vortragen, singen, ja selbst predigen. Sie können mitarbeiten in der Diakonie und in der Leitung der Gemeinde, und sie können Bischöfe bei Synoden beraten.

Freilich wird dieser theologisch mögliche Rahmen nur selten ausgeschöpft: ich selber habe noch nie in einer orthodoxen Kirche eine Frau predigen hören. Singend habe ich vor allem Nonnen erlebt. Eine orthodoxe Theologieprofessorin ist mir noch nie begegnet. Sicher ist allerdings, dass in Nordamerika, wo orthodoxe Auswanderer orthodoxe Kirchen haben entstehen lassen, die Entwicklung schon weiter fortgeschritten ist.

Aber kann eine Frau auch zur Priesterin geweiht werden? Die orthodoxe Kirche, die sich stets an der Tradition der Alten Kirche orientiert, bestreitet nicht, dass es in der frühen Kirche jedenfalls Diakoninnen gab. Diese waren unabdingbar notwendig für die Taufe von Frauen, da es für Priester als unschicklich betrachtet worden wäre, Frauen von Kopf bis Fuß mit heiligem Öl zu salben.

Umstritten ist freilich, ob dieses Amt der Diakonin genauso wie das Amt des Diakons als ein "Weiheamt" verstanden wurde, durch das dann die Diakonin ebenso in den Klerus aufgenommen worden wäre wie ein männlicher Diakon.

Die Frage nach der Priesterweihe für Frauen hat sich für lange Zeit in der orthodoxen Kirche überhaupt nicht gestellt, und wenn in immer mehr westlichen Kirchen Frauen ordiniert, ja sogar zu Bischöfinnen ernannt werden, so galt dies dem orthodoxen Klerus eigentlich bisher nur als ein Beweis dafür, wie weit doch diese westlichen Kirchen, nur um "modern" zu sein, die alten Traditionen der Christenheit über Bord geworfen haben. Aber eine Konsultation zwischen der orthodoxen und der altkatholischen Kirche im Jahre 1996 hat Bewegung in dieses Thema gebracht.

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