Rhodos Journal


Priesterinnen? - Nur "im Prinzip"

Die Konsultation zwischen der orthodoxen und der altkatholischen Kirche im Jahr 1996 widmete sich auch dem Thema "Prieserweihe für Frauen". Dabei wählte man als Ausgangspunkt nicht die Frage, wie weit die Kirchen sich dem Wunsch von Frauen nach Gleichberechtigung öffnen müsse (was in der Orthodoxie sofort eine ablehnende Haltung auslöst), sondern man ging aus von dogmatischen Prinzipien der Alten Kirche. Diese Gedankengänge möchte ich wenigstens in ihren Grundzügen ein wenig erläutern:

In der alten Kirche war es selbstverständlich, in "Adam", dem Geschöpf Gottes, den Menschen überhaupt zu sehen, nicht nur in seiner männlichen Ausprägung. Der Mensch ist Gottes Ebenbild, nicht etwa nur der Mann. Ebenso ist Jesus Christus, um uns zu erlösen, nicht etwa nur Mann, sondern "Mensch" geworden: Er hat nicht nur die männliche, sondern auch die weibliche Natur angenommen, denn sonst wäre seine menschliche Natur unvollkommen, was dem Konzil von Chalcedon (451) widerspräche.

Da nun nach orthodoxem Verständnis der Priester bezw. der Bischof Christus repräsentiert, kann das Geschlecht dieses Repräsentanten keine Rolle spielen, denn der Priester soll ja ganz ausdrücklich nicht nur das Mannsein Christi, sondern sein Menschsein überhaupt repräsentieren. So wie Adam und Christus die ganze Menschheit repräsentieren, so tun es auch Eva und Maria. Marias "Heilsfunktion" ist für Orthodoxe Gläubige genauso gültig für Männer wie für Frauen.

Diese Überlegungen führen trotzdem nicht dazu, dass die Orthodoxe Kirche nun etwa doch in Erwägung zieht, Frauen zu Priesterinnen zu weihen. Der bloße Umstand, dass viele Jahrhunderte lang solches nicht geschah, hat für die Orthodoxie ein eigenes Gewicht.

Aber diese Erkenntnisse ermöglichen immerhin eine andere Einschätzung jener Kirchen, die inzwischen zur Ordination von Frauen übergegangen sind, nämlich die, "dass die Ordination von Frauen die Gemeinschaft und Einheit der Kirche oder die Wiederherstellung der zerbrochenen Einheit und Gemeinschaft nicht fundamental zerstören oder in Frage stellen sollte, obschon Einschränkungen in der Praxis durch die nicht voll gewährleistete Austauschbarkeit von Geistlichen gegeben sind". So steht es im Abschlußdokument der erwähnten Konsultation, u.a. von dem orthodoxen Theologen Prof. Anastasios Kallis unterzeichnet.

Erste Konsequenzen aus diesen Einsichten hat das ehemals griechisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien (heute rum-orthodox genannt) gezogen. Dort wurde im Mai 1997 durch die Synode eine Erklärung verabschiedet, die altes kirchliches Unrecht gegenüber Frauen wiedergutmachen soll. Darin heißt es: "Alles, was besagen kann, dass die Frau mit Unreinheit behaftet sei, oder daß die Ehe unrein und nicht heilig sei, wird abgeschafft." Alle Gebete und liturgischen Texte sollen auf frauenfeindliche und diskriminierende Aussagen hin untersucht und entsprechend umformuliert werden. Als sichtbares Zeichen dafür dürfen in der rum-orthodoxen Kirche Frauen den Altarraum betreten, Mädchen dürfen Ministrantinnen werden.

Mit dieser Synodenentscheidung ändert sich natürlich eine uralte kirchliche Praxis nicht mit einem Schlag. Aber Frauen haben das Wort einer Synode auf ihrer Seite, wenn sie sich dagegen wehren, als Christen zweiter Klasse betrachtet zu werden, als unfähig, das Priesteramt auszuüben.

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